Wissen über Schenkelfedern, Drehfedern und Torsionsfedern

Schenkelfedern, Drehfedern und Torsionsfedern sind gängige und häufig verwendete Maschinenelemente, die als Federelemente in sehr vielen Branchen Anwendung finden. Die Begriffe "Schenkelfeder", "Drehfeder" und "Torsionsfeder" beziehen sich auf das gleiche Bauteil oder Maschinenelement und werden häufig als Synonym verwendet.

Der Begriff "Schenkelfeder" stellt die beiden Schenkel des Federelements in den Vordergrund. Bei der Bezeichnung "Drehfeder" wird die Bewegung des Federelements bei Belastung beschreiben. "Torsionsfeder" stellt die geometrische Verdrehung der beiden Schenkel bzw. die geometrische Verdrehung des Federkörpers in Vordergrund.

Schenkelfedern, Drehfedern und Torsionsfedern sind technische elastische Metallfedern, die aus rundem oder quadratischem Draht hergestellt werden. Der Federkörper der Schenkelfedern besitzt eine zylindrische Form. Der Federdraht ist schraubenförmig als Helix gewickelt bzw. gewunden. Zusätzlich zum zylindrisch, schraubenförmig gewickelten Federkörper besitzt die Schenkelfeder an beiden Federenden einen Drahtüberstand, der als Schenkel bezeichnet wird. Einer der Schenkel dient meist zur Fixierung der Metallfeder, der andere Schenkel zur Kraft- bzw. Momenteneinleitung. Wichtig zu beachten ist, dass die mechanische bzw. physikalische Belastung des Federstahls auf Biegung erfolgt.



Im Allgemeinen sind Schenkelfedern, Drehfedern und Torsionsfedern häufig verwendete standardisierte Maschinenelemente bzw. Federnelemente, die jedoch für spezielle Anwendungen als Sonderfeder oder Spezialfeder ausgeführt werden können. Schenkelfedern, Drehfedern und Torsionsfedern werden aus speziellen, sehr unterschiedlichen metallischen Federnwerkstoffen, meist legierten Werkstoffen, in verschiedenen Größen hergestellt. Die Herstellung erfolgt meist aus kaltgeformtem Federstahl - bis zu einem Drahtdurchmesser von 20mm - mit speziellen CNC-gesteuerten automatischen Wickelmaschinen, Windungsmaschinen bzw. Biegemaschinen.


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Schenkelfeder mit tangentialen Schenkeln und Federenden als Hakenöse und abgewinkelten Haken


Mechanische Eigenschaften der Schenkelfedern, Drehfedern und Torsionsfedern:
Schenkelfedern, Drehfedern und Torsionsfedern können Drehmomente und Kräfte, die um die Federkörperachse wirken, aufnehmen. Die Drehmoment- bzw. Krafteinleitung erfolgt an einem Schenkel, wobei ein Schenkel zur Abstützung und Fixierung dient. Die Belastung der Schenkelfeder bzw. die Krafteinleitung sollte möglichst in Wicklungsrichtung erfolgen, da ansonsten erhöhte Spannungen im Federnwerkstoff wirken.
Die Belastung des Federdrahts erfolgt durch Biegung, wodurch die Berechnung der Schenkelfeder über die zulässige Biegespannung Sigmab(zul.) des Federnwerkstoffs erfolgt. Die zu ermittelnde zulässige Biegespannung Sigmab(zul.) richtet nach der Beanspruchungsart z.B. vorwiegend statisch, nicht dauerfest, dynamisch, dauerfest. Bei vorwiegend statisch belasteten Schenkelfedern oder nicht dauerfest auszulegenden Schenkelfedern, z.B. bei Lastspielzahlen N kleiner als 10⁴, können die zulässige Biegspannung des Werkstoffs herangezogen werden. Beachte hierbei: Sigmab(zul.)=0.7*Rm
Werden Schenkelfedern dynamisch belastet oder bei Lastspielzahlen N größer als 10⁴ sollte die Schnenkelfeder dauerfest ausgelegt werden. Hierbei ist die zulässige Biegespannung Sigmab(zul.) aus den Dauerfestigkeitsdiagrammen für Biegung des jeweiligen Werkstoffs zu entnehmen.



Die Reibungsdämpfung von Schenkelfedern, Drehfedern und Torsionsfedern:
Wird eine Schenkelfedern, Drehfedern und Torsionsfedern mit aneinanderliegenden Windungen gefertigt, entsteht bei Belastung des Federelements Reibung, die eine Dämpfung (Reibungsdämpfung) der Federkraft bewirkt. Dies kann in vielen Fällen wünschenswert sein, um beispielsweise die Schwingungsneigung zu reduzieren. Wird eine leichtgängige Schenkelfeder mit geringer Reibung bzw. Dämpfungseigenschaft benötigt, sollte die Schenkelfeder mit einem Windungsabstand zwischen den einzelnen Windungen ausgestattet werden. Der benötigte axiale und radiale Bauraum für die Schenkelfeder ist dabei ausreichend zu bemessen, um Verklemmung oder Reibschluß mit den Anbauteilen zu vermeiden.



Belastung in Windungsrichtung:
Wird die Schenkelfeder in Windungsrichtung mit dem Drehmoment M2, Alpha2 (ausgehend vom Einbauzustand M1, Alpha1) belastet, verringert sich der Federkörperinnendurchmesser von Di1 auf Di2. Gleichzeitig vergrößert sich die Federkörperlänge von Lk1 auf Lk2 (siehe Abschnitt Weitere Berechnungen zur Schenkelfeder).

Belastung gegen Windungsrichtung:
Umgekehrt vergrößert sich der Federkörperaussendurchmesser, wenn die Schenkelfeder gegen die Windungsrichtung belastet wird. Dagegen verringert sich die Federkörperlänge von LK1 auf LK2 (siehe Abschnitt Weitere Berechnungen zur Schenkelfeder).

Deshalb sollte bei Verwendung von Führungsdorn bzw. Führungshülse der Abstand mit genügend Spiel konstruktiv ausgeführt werden (siehe Abschnitt Weitere Berechnungen zur Schenkelfeder).
Wird ein Windungsabstand ausgeführt, sollte dieser aus Fertigungsgründen nicht zu groß gewählt werden, da sich die Windungen bei loser Schüttung verhaken können (siehe Abschnitt Weitere Berechnungen zur Schenkelfeder).
Zu beachten ist bei längeren Federkörpern, kleineren Drahtdurchmessern und nicht fixierten Schenkeln ein Ausknicken der Windungen. Das Ausknicken der Schenkelfeder kann durch Verwendung eines Führungsdorns oder einer Führungshülse vermieden werden.



Verwendung und Bauformen der Schenkelfeder:
Verwendung und Bauformen von Schenkelfedern sind sehr unterschiedlich. In Maschinenbau und Feinwerktechnik sowie in zahlreichen Alltagsprodukten und Haushaltsgegenständen (z.B. Blattlocher, Türgriffe, Türbänder, Rolltore, Rührgeräte, Mixer, Fahrräder, Autos, Flugzeuge, Schiffe etc.) werden Schenkelfedern und Drehfedern verwendet. Die Bauformen von Schenkelfedern unterscheiden sich in Größe, Federkörperlänge, Schenkelanordnung, Schenkelstellung sowie der Schenkelform und werden speziell auf die Funktion und den Anwendungsfall abgestimmt. Die Schenkel der Schenkelfedern können dabei sehr unterschiedlich gestaltet und je nach Anwendungsfall, Krafteinleitung, Form und Größe ausgebildet werden.
Die Schenkelanordnung gibt an, wie die Schenkel am Federkörper angebracht sind. Die Schenkelanordnung kann tangential, radial nach außen, radial nach innen oder axial nach außen ausgebildet werden. Die Schenkelanordnung für Schenkel 1 und Schenkel 2 können dabei unterschiedlich sein, zum Beispiel kann der Schenkel 1 tangential und Schenkel 2 radial nach außen angeordnet sein.
Die Schenkelformen der Schenkelfedern (Schenkel 1 und Schenkel 2) können unterschiedlich ausgebildet werden. Häufige Schenkelformen sind runde oder eckige Haken, Ösen oder gerade Schenkel.
Die Schenkelstellung wird in Winkelgrad angegeben und gibt an, wie groß die Überdeckung der ersten und der letzten Windung der Schenkelfeder ist. Eine Schenkelstellung von 0° besitzt keine Überdeckung der Windungen, z.B. Windungsanzahl n = 3,0. Eine Schenkelstellung von 180° besitzt eine Überdeckung der Windungen um die Hälfte der Windung, z.B. n = 3,5.



Konstruktion und Berechnung der Schenkelfedern, Drehfedern und Torsionsfedern:
Die Schenkelfeder oder Drehfeder wird durch ein Drehmoment um die Federkörperachse bzw. eine Kraft senkrecht zur Federkörperachse belastet. Die Belastung des Federdrahts erfolgt dabei auf Biegung. Für die Konstruktion und Berechnung ist demnach die zulässige Biegespannung im Drahtwerkstoff entscheidend. Um den Drehwinkel der Schenkelfeder zu ermitteln, muss die Durchbiegung des Drahtwerkstoffs des Federkörpers und der beiden am Federkörper angeodneten Schenkel ermittelt werden. Nachfolgend sind einige wichtige geometrische, mechanische und mathematische Zusammenhänge (Formeln) für die Schenkelfeder aufgeführt.



Berechnungsformeln für Schenkelfedern, Drehfedern und Torsionsfedern:
Biegespannung korrigiert in N/mm²: sigmabk = q * sigmab[1] Spannungserhöhung durch die Drahtkrümmung

Spannungsbeiwert q in [-]: q = ((Dm / d) + 0.07) / ((Dm / d) - 0.75)[2]
zulässige Biegespannung in N/mm²: sigmabzul = 0.7 * Rm[3]
Festigkeitsnachweis: sigmabk < sigmabzul[4]
Biegespannung in N/mm²: sigmab = M / Wb[5]
Drehmoment in Nmm: M = F * RH[6]
Widerstandsmoment gegen Biegung für runden Drahtquerschnitt in mm³: Wb = (PI * d³) / 32[7]
Biegespannung im Draht in N/mm²: sigmab = 32 * M / (PI * d³)[8]
Biegespannung im Draht in N/mm²: sigmab = 32 * (F * RH) / (PI * d³)[9]
Drahtlänge des Federkörpers l in mm: l = n * √( (PI * Dm)² + (d + a)² )[10]
Federkörperlänge in mm: LK0 = n * (d + a) + d[11]
Verdrehung Alpha in rad: Alpha = (M * l) / (E * Ix)[12]
Trägheitsmoment axial in mm⁴: Ix = PI * (d⁴ / 64)[13]
Verdrehwinkelmass Alpha in Bogenmass rad: Alpha = (64 * F * RH * l) / (E * PI * d⁴)[14]
Verdrehwinkel Alpha in Winkelgrad °: Alpha = (64 * F * RH * l) / (E * PI * d⁴) * (180 / PI)[15]
Verdrehwinkel Alpha in Winkelgrad °: Alpha = ( ( n * sqrt((PI * Dm)² + (d + a)²) ) * (64 * F * RH ) / (E * PI * d⁴) ) * (180 / PI)[16]
Verdrehmoment in Nmm: M = ( E * PI * d⁴ * Alpha ) / ( 64 * n * sqrt((PI * Dm)² + (d + a)²) )[17]
Verdrehkraft in N: F = ( E * PI * d⁴ * Alpha ) / ( 64 * RH * n * sqrt((PI * Dm)² + (d + a)²) )[18]
Windungsanzahl n in [-]: n = ( E * PI * d⁴ * Alpha ) / ( 64 * M * sqrt((PI * Dm)² + (d + a)²) )[19]
Federsteifigkeit CM in [N/rad]: CM = M / Alpha[20]
Federsteifigkeit CM in [N/rad]: CM = (E * PI * d⁴) / (64 * n * sqrt((PI * Dm)² + (d + a)²) )[21]
Federweg s in [mm]: s(x) = RH * Alpha(x)[22] mit (x) = 0, 1, 2, n ; kreisförmig, um die Drehfederachse bei Kraftangriffspunkt F




Ergänzende Formeln zur Schenkelfedern, Drehfedern und Torsionsfedern:
Windungsabstand in [mm]: a >= ((0.24 * (Dm/d) - 0.63) * d^0.83)mit a>0 und a<d falls konstruktiv gewünscht zur Verringerung der Reibung

Führungsdorndurchmesser in [mm]: Dd = 0.8 ÷ 0.9 * Dibei Führung auf Dorn und bei Belastung in Windungsrichtung
Führungshülsendurchmesser in [mm]: Dh = 1.1 ÷ 1.2 * Dabei Führung durch Hülse und bei Belastung gegen Windungsrichtung
Verkleinerung des inneren Federkörperdurchmessers in [mm]: Di(x) = ( ( Dm * n ) / ( n + (Alpha(x)°/360°))) - dbei Verdrehung in Windungsrichtung mit (x) = 0, 1, 2, n
Vergrößerung des äußeren Federkörperdurchmessers in [mm]: Da(x) = ( ( Dm * n ) / ( n - (Alpha(x)°/360°))) + dbei Verdrehung gegen Windungsrichtung mit (x) = 0, 1, 2, n
Vergrößerung der Federkörperlänge in [mm]: Lk(x) = Lk0 + (d + a) * (Alpha(x)°/360°)bei Verdrehung in Windungsrichtung mit (x) = 0, 1, 2, n
Verringerung der Federkörperlänge in [mm]: Lk(x) = Lk0 - (d + a) * (Alpha(x)°/360°)bei Verdrehung gegen die Windungsrichtung mit (x) = 0, 1, 2, n
Windungssteigung in [mm]: S = d + a
Windungssteigung in [mm]: S = d + a
Windungssteigung in [rad]: S = (d + a) / (PI * Dm)
Windungssteigung in [°]: S = ((d + a) / (PI * Dm)) * (180/PI)
Masse in [g]: m = (PI/4) * d² * (l + ls1 + ls2) * Rho
Wickelverhältnis in [-]: w = Dm / d
Äußerer Federkörperdurchmesser Da in [mm]: Da = Dm + d
Innerer Federkörperdurchmesser Di in [mm]: Di = Dm - d
Äußerer Federkörperdurchmesser Da in [mm]: Da = d * (w + 1)
Innerer Federkörperdurchmesser Di in [mm]: Di = d * (w - 1)
E-Modul Temperaturabhängigkeit: E(t) = E(20) * (3620 - T) / 3600
Federenergie, Federarbeit W in [J]: W = 1/2 * CM * Alpha²CM in N/rad (Federsteifigkeit, Federkonstante); Alpha in [rad] (Verdrehwinkel)
Federenergie, Federarbeit W in [J]: W = 1/2 * M * AlphaM in Nmm (Drehmoment); Alpha in [rad] (Verdrehwinkel)



Verwendete Formelzeichen bei Schenkelfedern, Drehfedern und Torsionsfedern:
PI in [-] (Kreiszahl pi)
sigmabk in N/mm² (Biegespannung korrigiert)
sigmab in N/mm² (Biegespannung)
sigmabzul in N/mm² (zulässige Biegespannung)
Rm in N/mm² (Zugfestigkeit)
k in [-] (Korrekturwert)
M in Nmm (Drehmoment)
F in N (Kraft)
RH in mm (Hebelarm)
Ix in mm⁴ (Axiales Trägheitsmoment)
Wb in mm³ (Widerstandsmoment gegen Biegung)
CM in N/rad (Federsteifigkeit, Federkonstante) Ix in mm⁴ (axiales Trägheitsmoment)
Alpha in [rad] (Verdrehwinkel)
Alpha° in [°] (Verdrehwinkel)
E in N/mm² (E-Modul)
n in [-] (Windungsanzahl)
a in [mm] (Windungsabstand zwischen den Windungen)
w in [-] (Wickelverhältnis)
d in [mm] (Drahtdurchmesser)
Dd in [mm] (Dorndurchmesser)
Dh in [mm] (Hülsendurchmesser)
Di in [mm] (innerer Federkörperdurchmesser)
Dm in [mm] (mittlerer Federkörperdurchmesser)
Da in [mm] (äußerer Federkörperdurchmesser)
LK0 in [mm] (Federkörperlänge unbelastet im Fertigungszustand / Herstellungszustand)
l in [mm] (Drahtlänge des Federkörpers)
ls1 in [mm] (Drahtlänge des Schenkels 1)
ls2 in [mm] (Drahtlänge des Schenkels 2)
Rho in [mm] (Dichte des Federwerkstoffs)
m in [g] (Gewicht der Schenkelfeder)
S in [mm], [rad], [°] (Steigung der Schenkelfeder)
T in [°C] (Temperatur des Federwerkstoffs)
W in [J] (Federenergie, Federarbeit)

Indices:
0 = Fertigungszustand / Herstellungszustand
1 = Einbauzustand
2 = Belastungszustand
(x) = Belastungszustand x
n = maximaler Belastungszustand bis sigmabzul

veränderliche Schenkelfederwerte bei unterschiedlichen Lastzuständen (0, 1, 2, n)
Drehmoment: M1, M2, M(x), Mn
Verdrehwinkel: Alpha1, Alpha2, Alpha(x), Alphan
Biegespannung: sigmab1, sigmab2, sigmab(x), sigmabn
innerer Federkörperdurchmesser: Di=Di0, Di1, Di2, Di(x), Din
mittlerer Federkörperdurchmesser: Dm=Dm0, Dm1, Dm2, Dm(x) Dmn
äußerer Federkörperdurchmesser: Da=Da0, Da1, Da2, Da(x), Dan
Federkörperlänge: LK0, LK1, LK2, LK(x), Lkn